Dresden Guide

Susanne Reichelt

Borthener Blüten, Röhrsdorfer Grund, Burgstädteler Linde

am 8. Mai 2021 von Susanne Reichelt

Ein Maiausflug zur Obstblüte am südöstlichen Dresdner Stadtrand

Heute machen wir es uns leicht mit der Tourenplanung, und greifen mal auf einen der durchweg attraktiven Wandervorschläge der Dresdner Verkehrsbetriebe zurück, auch wenn wir dem Flyer „Durch das Reich der Blütenkönigin von Borthen“ nicht in jedem Detail folgen werden. Der Frühling hat zwar in diesem Jahr lange auf sich warten lassen, aber nun sollten Wärme und Licht auch den Obstknospen auf den Plantagen im Dresdner Süden endlich das Signal zum Entfalten gegeben haben, und dieses Naturschauspiel wollen wir uns nicht entgehen lassen.

Dorfidyll am Großstadtrand

Dresden hat ja tatsächlich eine sehr ausgedehnte Fläche, wir Stadtführer sprechen immer stolz von der viertgrößten Stadt Deutschlands nach Berlin, Hamburg und Köln, müssen aber natürlich immer unterstreichen, dass das nur für die Fläche, bei weitem aber nicht für die Einwohnerzahl gilt. Und wir müssen auch zugeben, dass es an den Rändern der Stadt durchaus eher ländlich-beschaulich als urban-geschäftig zugeht. Gerade das trägt natürlich auch zum besonders reizvollen Charakter der Landeshauptstadt und zu ihrer Lebensqualität bei.

Und wirklich: kaum sind wir aus dem Stadtbus der Linie 65 gestiegen und ein paar Schritte gegangen, sind wir schon „uffm Dorfe“, am Teichplatz von Kleinluga, wo nichts am perfekten Idyll fehlt: Eine Entenfamilie lässt es sich gut gehen in ihrem Weiher im Schatten einer schönen Eiche, die – wie so viele in protestantischen Gegenden – im Lutherjahr 1883 zum 400jährigen Geburtstag des Reformators gepflanzt wurde. Der Name des kleinen Dörfchens – heute ist es mit dem benachbarten Großluga zum Stadtteil Luga vereint – hat wohl auch einen slawischen Ursprung, auch wenn er nicht auf -itz, -witz oder -litz endet wie viele einst von Sorben gegründeten Siedlungen in unserer Region. Von einem altslawischen Wort für eine feuchte, sumpfige Wiese soll sich der Name herleiten.

Wir steigen aber durchaus trockenen Fußes über einen nur leicht ansteigenden Wiesenweg zum Lugberg hinauf und freuen uns mit jedem Schritt mehr über die immer umfassendere Aussicht Richtung Elbtal, Elbhänge und Sächsische Schweiz. Kein Wunder, dass man Ende des 19. Jh. auf dem Lugberg einen Aussichtsturm errichtete und zwei beliebte Gastwirtschaften teilweise noch bis in die Nachkriegszeit hinein gute Umsätze mit Ausflüglern und Tanzlustigen machen konnten. Immerhin versucht ein kleiner Imbiss mit Bratwurst, Getränken und Eis an die Tradition anzuknüpfen, der Turm ist eingerüstet und wird offenbar wieder instand gesetzt – es gibt also Hoffnung auf (noch) bessere Zeiten.

Blühende Höhe, historisches Gut, lauschiges Tal

Wenig später sind wir schon mitten drin in den blühenden Obstplantagen, die sich hier auf der Hochfläche zwischen Lockwitz- und Müglitztal auf mehreren Hundert Hektar erstrecken. Erst seit den 50er Jahren wird der Obstbau hier betrieben. Die Bedingungen sind ja auch relativ günstig, sonnig und mild am südlichen Rande des Dresdner Elbtals, und wenn man dem gewöhnlichen DDR-Bürger schon keine Orangen und Bananen bieten konnte, so sollte er wenigstens mit lagerfähigen heimischen Äpfeln vitaminversorgt überwintern können. Nach der Wende wurde das Volkseigene Gut an private Eigentümer verkauft, die aber wiederum zusammengeschlossen sind in der Erzeugergemeinschaft Borthener Obst e.G.

Gleich neben dem Sitz der Erzeugergemeinschaft am Ortseingang von Röhrsdorf können wir uns im Sächsisch-Böhmischen Bauernmarkt mit leckerem Wanderproviant versorgen. Wir entscheiden uns für Bier, frisches Brot und feine Käsespezialitäten aus der Region – das lässt die Vorfreude auf das Picknick steigen, aber zuerst muss noch ein geeigneter Rastplatz gefunden werden, denn vor Ort dürfen wir uns ja wegen des leidigen Coronathemas nicht niederlassen.

Der Markt ist im ehemaligen Wirtschaftshof von Schloss Röhrsdorf untergebracht, das gegenwärtig von einer Künstlergemeinschaft bewohnt wird, die Räumlichkeiten vorzugsweise an Gruppen wie etwa Bands, Chöre und andere Musisch-Kreative für Probencamps, Freizeiten, Partys und sonstige Events vermietet.

Ursprünglich war es im 16. Jh. als Rittergut errrichtet worden, mehrere sächsische Adelsfamilien lösten einander als Besitzer ab: zuerst die von Neitschütz, dann die Vitzthum von Eckstädt und schließlich die von Carlowitz. Letztere machten überhaupt erst ein richtiges Schloss aus dem Anwesen und ergänzten es um Park und Orangerie und schließlich um einen ausgedehnten Landschaftspark im englischen Stil, der nun auch identisch ist mit unserer nächsten Wanderetappe, dem Röhrsdorfer Grund.

Ganz wie es vor rund 250 Jahren in der Gartenkultur beliebt wurde, hat man auch hier ein natürliches Bachtal aufgehübscht mit allerlei Brückchen, Gedenksteinen, Steinbänken zur Erbauung der Spaziergänger, zu denen übrigens auch der sächsische Prinz Anton gehörte. Vielleicht hat es damit zu tun, dass die Einheimischen „Gehn wir in den Anton!“ sagen, wenn sie sich auf den Weg in das romantische Tal des kleinen Flüsschens Briese machen, das später zur Rietzschke wird und schließlich in die Müglitz fließt.

Zu dieser Jahreszeit ist es wunderschön hier, durch die zarten frischen Blätter der Bäume dringen die Sonnenstrahlen noch mühelos, tauchen das Tal in ein mildes hellgrünes Licht und lassen das sich schlängelnde Bächlein hier und da glitzernd aufblitzen. Seine Ufer sind von dichten grünen Matten gesäumt, gelb und weiß gesprenkelt von Scharbockskraut und späten Buschwindröschen, vielstimmiges Vogelgezwitscher erfüllt die Luft – Frühlingswonne pur! Die vermissen wir bald darauf schmerzlich, als wir nahe eines kleinen Teiches das lauschige Tal verlassen haben und später ein Stück an einer recht vielbefahrenen Straße entlanggehen müssen – unglaublich, wie laut und störend wir den Verkehr nach der Ruhe im beschaulichen Röhrsdorfer Grund empfinden.

Zum Glück kommen wir bald wieder auf ruhigere Pfade, und nun sollte endlich auch unsere Rucksackverpflegung ihren Zweck erfüllen. Ein sehr schön gelegener Rastplatz mit herrlichem Blick auf das Kreischaer Tal ist allerdings von einer Hochzeitgesellschaft in Beschlag genommen, so dass wir mit einer weniger aussichtsreichen, aber angenehm waldgrasgepolsterten Stelle unter lichten Bäumen vorlieb nehmen und uns das einfache, köstliche Freiluftmahl schmecken lassen.

Über den Langen Berg zur Burgstädteler Linde

Frisch gestärkt geht es in die nächste Etappe durch ein Wäldchen über den Langen Berg und dann schließlich wieder entlang ausgedehnter Obstplantagen. Nicht alle Apfelsorten sind schon voll erblüht, dafür stehen aber noch immer viele Kirschbäume in vollem Flor, ihre schneeweißen Blüten bilden einen herrlichen Kontrast zum Himmelblau. An einem großen Lagerplatz warten Hunderte Apfelkisten darauf, dass aus den zarten Blüten später im Jahr erntereife Früchte werden, doch Gedanken an den Herbst mag man heute noch nicht verschwenden.

Einen besonders markanten Punkt unserer Tour erreichen wir wenig später mit der Burgstädteler Linde, die in ihrem rund 500jährigem Dasein ganz offensichtlich schon viel erdulden musste. Doch noch immer grünen einige ihrer Äste und Zweige, sie ist das Wahrzeichen der kleinen Gemeinde Burgstädtel, und ein ausgesprochener Lieblingsort vieler Anwohner und Spaziergänger, hat man doch von hier einen wirklich malerischen Blick ins Erzgebirgsvorland und in das Lockwitztal. Anders als auf den Plantagen dürfen die Bäume in den alten Streuobstwiesen hier ihre natürlichen Kronen ausbilden und zu dieser Jahreszeit ein herrliches Blütenmeer erzeugen.

An der Lockwitz nach Lockwitz

Hier könnten wir die Wanderstrecke abkürzen und direkt zur Hummelmühle hinabsteigen, wir entscheiden uns aber für die längere Variante und folgen dem Lauf der Lockwitz auf terassenförmigem Waldweg, der sich an den Hängen oberhalb des Grundes entlangschlängelt, zum Tal hinab und wieder heraus führt, um die gigantisch wirkende Brücke der Autobahn A 17 zu unterqueren, die hier das Lockwitztal auf 700 m Länge in einer Höhe von 65 m überspannt. Keine Frage, die A 17 Dresden – Prag erfüllt seit 2005 ihren guten Zweck, entlastet die Stadt und vor allem die bis dahin im LKW-Verkehr geradezu erstickende B170 über den Erzgebirgskamm, aber hier an dieser Stelle wird der mächtige Eingriff in die Landschaft besonders krass deutlich.

Mit diesen Gedanken und kontrastreichen Bildern im Kopf erreichen wir den Dresdner Stadtteil Lockwitz. Den berühmten Frosch auf der Wettersäule in Altlockwitz anzuschauen, bleibt uns leider keine Zeit, denn wir wollen den um diese Tageszeit nicht mehr allzu häufig verkehrenden Bus erreichen. Doch das in vielerlei Hinsicht geschichtsträchtige Lockwitz ist ohnehin ein Kapitel für sich, birgt mit Schloss und Kirche, Industrietradition, Hochwasserereignissen und anderem Erzählenswerten genug Stoff für einen neuen Artikel, der nicht lange auf sich warten lassen wird.

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Über mich About me À propos de moi


Susanne Reichelt

Bei Dresden geboren und aufgewachsen und an der Leipziger Universität zum Übersetzer und Dolmetscher für die englische und französische Sprache ausgebildet, lebe ich seit 1988 in Dresden und bin seit 1995 lizenzierte Stadtführerin und Mitglied im Berufsverband Dresdner Gästeführer. Meine Begeisterung für die Stadt, ihre reichen Kunstschätze und die reizvolle Umgebung möchte ich gern an Sie weitergeben!

Ich freue mich auf Ihre Anfrage und berate Sie gern bei Ihrer Reiseplanung!
Born near Dresden and trained as an interpreter and translator for English and French I have lived in Dresden since 1988 and worked as a free-lance tour guide in and around Dresden since 1995.

I would be happy to share with you my passion for the beautiful city of Dresden, its rich art collections and stunning surroundings. Please don’t hesitate to contact me for booking guiding services or asking any support you might need in preparing your trip to Saxony.

I am looking forward to welcoming you to Dresden and showing you this great place!
Née près de Dresde et formée comme traductrice-interprète pour anglais et français j’habite Dresde depuis 1988 et travaille comme guide touristique indépendante à Dresde et ses alentours depuis 1995.

C’est avec plaisir que je partagerais avec vous ma passion pour cette belle ville, ses trésors d’art magnifiques et ses environs charmants. N’hésitez pas à me contacter pour réserver des services de guidage ou pour demander toute sorte d’assistance en préparant votre voyage en Saxe.

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