Dresden Guide

Susanne Reichelt

Friedrichsgrund, Triebenberg, Hohe Brücken

am 14. März 2021 von Susanne Reichelt

Im Vorfrühling am Rande des Dresdner Elbtals unterwegs

Noch herrschen beinahe winterliche Temperaturen auch in unserem eigentlich so milden Elbtal, selbst die tapferen Krokusse haben frierend ihre Blüten wieder geschlossen und trotzen so dem kalten Wind, der sogar ab und zu ein paar Schnee- und Graupelschauer  im Gepäck hat.

Aber im Pillnitzer Park hegt und pflegt man ja auch einige Exoten  hinter und unter schützenden Mauern und Glaswänden, die berühmteste unter ihnen ist die möglicherweise älteste Kamelie, die in Europa oder zumindest nördlich der Alpen zu finden ist. Viele Blüten  können wir zwar noch nicht entdecken, aber sie ist auch so immer wieder faszinierend, diese prächtige, über 250 Jahre alte Pflanze, die in ihrem fahrbaren Glasgehäuse  berechtigterweise sehr verwöhnt wird mit für sie gerade behaglicher Temperatur und Luftfeuchtigkeit, Bewässerung, Beschattung, Belüftung, Besprechung – ja, vielleicht auch das, gelegentlich….Wenn der Baum im zeitigen Frühjahr mit seinen zigtausend kleinen  roten Blüten übersät ist, lockt das normalerweise die Besucher in Scharen ins Kamelienhaus –  fraglich, ob es in diesem Jahr überhaupt für Besucher geöffnet wird.

Nebenan im Freien entzückt die  robustere Zaubernuss, Hamamelis, mit ihren bizarren Blüten, während hinter den Glasfronten der Orangerie reife Zitrusfrüchte leuchten und – neben anderen, blütenprächtigeren Sorten – auch Urenkel der alten Pillnitzer Kamelie darauf warten, spätestens nach den Eisheiligen an die Luft  gebracht zu werden.

Wir verlassen den Park durchs Hintertürchen und machen uns auf den Weg in den Friedrichsgrund, einem der zahlreichen Taleinschnitte in den  Borsberghängen, die hier das Elbtal nach Norden hin abgrenzen. Benannt ist das Tälchen nach jenem Friedrich August dem Gerechten, auf dessen Spuren wir schon in der Moritzburger Kulturlandschaft unterwegs waren.  Er hatte Pillnitz 1765 zur Sommerresidenz der  sächsischen Herrscher gemacht und den Schlosspark erweitert um den sogenannten Englischen Garten, in dem man nun eben nicht mehr mit Lineal und Zirkel die Wege und Beete anlegte und die Bäume und Sträucher zu Kugeln oder Kegeln rasierte, sondern sich bei der Gestaltung die Natur zum Vorbild nahm – was aber durchaus nicht hieß, dass man ihr freien Lauf ließ.

Im Friedrichsgrund sind wir sozusagen immer noch in diesem Landschaftsgarten, der sich über die Grenzen des Parks hinaus  in die Natur erstreckt und sie ganz unauffällig ergänzt mit zahlreichen kleinen Brücken über das Bächlein, einem Wasserfall hier, einer Grotte da, bis hin zur künstlichen Ruine oberhalb des Friedrichsgrundes, die erst kürzlich „saniert“ wurde.  Was wie natürlich und zufällig wirkt, ist ganz bewusst platziert und  bedeutungsvoll inszeniert, so soll etwa das kompakte Monument aus gestapelten Natursteinen direkt am Bach ein legendäres  mittelalterliches Stammesheiligtum der Sachsen, die „Irminsul“ oder Irminsäule darstellen.  Der gebildete Spaziergänger vor 200 Jahren  ist da möglicherweise von selbst drauf gekommen, wer heute auf das Gebilde stößt,  sucht bestenfalls (vergeblich) nach einer erklärenden Beschriftung und geht dann schulterzuckend weiter. Oder nutzt es als Selfiehintergrund oder zum Abstellen der Thermosflasche – so ändern sich die Zeiten eben…

Der kleine Bach, den wir immer mal auf den malerischen Steinbrückchen überqueren, heißt offiziell Friedrichsgrundbach, ist aber als Meixbach besser bekannt. Der Name leitet sich von der Meixmühle ab, die wiederum nach dem legendären Drachen Meix benannt ist, der hier hauste und jedes Jahr eine Bauernmagd als Opfer verlangte… natürlich gab es auch in dieser Geschichte den heldenhaften Müllerburschen, der das böse Ungetüm  besiegte. Aber geschäftsfördernd ist ja so ein Drachen allemal und sollte daher nicht in Vergessenheit geraten, und so hat ihm der findige Mühlenwirt Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Drachenburg eine imaginäre Wohnstatt errichtet, die mit dem aus der Kunstgewerbeausstellung „Die Alte Stadt“ von 1896 stammenden hölzernen Wendenhof eine markante Eingangssituation für den beliebten Biergarten der Meixmühlenwirtschaft ergibt.  Im Coronalockdown gibt es heute hier nur Flaschenbier zum Mitnehmen gegen Vertrauenskasse – und den einen oder anderen guten Spruch mit auf dem Weg!

Unser Weg führt uns nun hinaus aus dem Tal auf das Hochland, wo die kleinen Gewässer entspringen, die sich dann im Meixbach bündeln. Wo frisches Quellwasser sprudelt, lohnt sich oft ein Blick auf das junge Grün am Wasserrand, und siehe da, wir sind zu meiner großen Freude auf echte Brunnenkresse gestoßen! Ein paar Blättchen davon sind es allemal wert, sich nasse Füße, kalte Hände und matschige Schuhe einzuhandeln. Die Schärfe und Frische der Brunnenkresse ist nicht zu vergleichen mit den milden, zarten Gartenkressesprösslingen, die man sich auf der Fensterbank zieht oder im Supermarkt kaufen kann!

Froh, nun eine neue Fundstelle für mein Lieblingsfrühjahrskraut zu kennen, wandern wir um den Borsberg und durch die nach ihm benannte Gemeinde weiter nach Zaschendorf und dann zur höchsten Erhebung auf Dresdner Stadtgebiet, dem 383 m hohen Triebenberg. Doch noch ehe wir diesen erreichen, haben wir einen phantastischen Blick Richtung Osten und Süden, der kalte Wind hat jeglichen Dunst weggeblasen und messerscharf heben sich die Konturen der Tafelberge des Elbsandsteingebirges, des Erzgebirgskamms und sogar der Kegelkuppen des Böhmischen Mittelgebirges von den bedrohlichen Grautönen des Himmels  ab.

Unterhalb des Triebenberges geht der Blick dann auch in die westliche Richtung zur Altstadt und zu den sich in das Elbtal ausbreitenden Dresdner Stadtteile – ein wirklich toller Panoramablick. Noch einmal etwas anders aber ebenso interessant der Blick von der Anhöhe Doberberg, aber nun türmen sich die immer dunkleren Wolken doch bedrohlich auf und lassen schließlich ihre Graupel- und Schneelast auf uns niedergehen, so dass wir uns beeilen, den talwärts führenden „Jagdweg“ zu erreichen, den wir nun ganz wörtlich nehmen können.

Seit dem 16. Jahrhundert nutzten die fürstlichen Jagdgesellschaften diese und weitere Wege in der Gegend, um zu ihren Jagdrevieren und den Amtssitzen in Stolpen und Lohmen zu gelangen. Und wieder war es  dann Friedrich August der Gerechte, der die Landschaft hier mit Bauwerken bereichern ließ,  dieses Mal allerdings nicht zur reinen Erbauung.  Vielmehr wurde das Schöne mit dem Nützlichen verbunden, die vielen kleinen Kerbtälchen wurden mit 10 Brücken überspannt, so  dass der Jagdgesellschaft  einige der steilen Ab- und Aufritte erspart blieben – und das kommt uns Wanderern heute noch zugute! Hohe Brücken heißen sie, manche sind tatsächlich architektonisch beeindruckende  mehrstöckige Viadukte, aber nicht alle sind wirklich hoch, so dass wir doch ganz schöne Höhenunterschiede überwinden müssen, scheinbar endlos schlängelt sich der Weg immer weiter durch immer wieder neue Kurven und Kehren, über Berg und Tal, Stock und Stein.

Als wir endlich die Weinberge von Pillnitz erreichen, ist die Sonne schon untergegangen, nachdem sie mit einem letzten Abendlicht noch einmal die Tafelberge und den Erzgebirgskamm in der Ferne zum Leuchten gebracht hat. Doch auch die nächtliche Beleuchtung hat ihren Reiz, die Weinbergskirche etwa haben wir so noch nie gesehen. Aber die Kälte und Nässe hat uns eingenommen, in den Beinen spüren wir die Berg- und Talstrecke gehörig, und mit dem immer lauter knurrenden Magen steigt die Vorfreude auf die Kressequarkbemme zum Abendbrot!

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Über mich About me À propos de moi


Susanne Reichelt

Bei Dresden geboren und aufgewachsen und an der Leipziger Universität zum Übersetzer und Dolmetscher für die englische und französische Sprache ausgebildet, lebe ich seit 1988 in Dresden und bin seit 1995 lizenzierte Stadtführerin und Mitglied im Berufsverband Dresdner Gästeführer. Meine Begeisterung für die Stadt, ihre reichen Kunstschätze und die reizvolle Umgebung möchte ich gern an Sie weitergeben!

Ich freue mich auf Ihre Anfrage und berate Sie gern bei Ihrer Reiseplanung!
Born near Dresden and trained as an interpreter and translator for English and French I have lived in Dresden since 1988 and worked as a free-lance tour guide in and around Dresden since 1995.

I would be happy to share with you my passion for the beautiful city of Dresden, its rich art collections and stunning surroundings. Please don’t hesitate to contact me for booking guiding services or asking any support you might need in preparing your trip to Saxony.

I am looking forward to welcoming you to Dresden and showing you this great place!
Née près de Dresde et formée comme traductrice-interprète pour anglais et français j’habite Dresde depuis 1988 et travaille comme guide touristique indépendante à Dresde et ses alentours depuis 1995.

C’est avec plaisir que je partagerais avec vous ma passion pour cette belle ville, ses trésors d’art magnifiques et ses environs charmants. N’hésitez pas à me contacter pour réserver des services de guidage ou pour demander toute sorte d’assistance en préparant votre voyage en Saxe.

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