Dresden Guide

Susanne Reichelt

Canalettoblick, Sandsteinbruch, Schwedenhöhle

am 3. März 2021 von Susanne Reichelt

Entdeckungen am Eingangstor zur Sächsischen Schweiz

Nein, nein – hier geht es nicht um die vielgerühmte Dresden-Ansicht des als Canaletto bekannt gewordenen Venezianischen Malers Bernardo Bellotto aus dem 18. Jh.

Canaletto-Blicke gibt es ja so gesehen viele, immerhin hat der fleißige Hofmaler Augusts III., also des Sohnes Augusts des Starken, neben den 17 Dresden-Bildern auch 11 Ansichten der Stadt Pirna geschaffen.  Darunter auch eine von der Stelle, die wir am Beginn unserer heutigen Wanderung  nach dem recht anstrengenden Aufstieg aus dem Elbtal in Pirna- Copitz erreicht haben.

Bellotto wird für seine Skizze eine andere Tageszeit gewählt haben mit günstigeren Lichtverhältnissen, wir schauen gegen die Sonne, die an diesem späten Wintertag schon beinahe ihren Höchststand erreicht hat – seinen Reiz hat der Blick dennoch oder gerade im Gegenlicht, in dem sich vor allem die markante Silhouette der Stadtkirche St. Marien abhebt. Mit ihrem im Vergleich zum hohen, steilen Dach des Langhauses etwas  stämmig wirkenden Turm erscheint sie von außen immer etwas seltsam proportioniert, was aber einfach daran liegt, dass der Turm älter ist als das Langhaus, schon an die kleinere Vorgängerkirche angebaut worden war, ehe man um 1500 mit dem Neubau des Langhauses begann. Der sensationellen „inneren“ Schönheit von St. Marien tut das gewiss keinen Abbruch!

Der aussichtsreiche Weg führt uns wie auf einer Sonnenterrasse oberhalb ehemaliger Sandsteinbrüche nach dem Pirnaer Stadtteil Posta, der namensgebend für eine Varietät des Elbsandsteins geworden ist:  Postaer Sandstein ist von alters her gefragt gewesen wegen seiner Härte und Festigkeit, Mühl- und Schleifsteine  konnten daraus gefertigt werden, aber auch als Baustein für feste Mauern, Brücken und Gebäude eignete er sich, während der eher auf der anderen Elbseite vorkommende weichere Sandstein vom Typ Cotta gern für Zierrat und Skulpturen verwendet wurde.

Die Gelegenheit, über solche Details ein bisschen zu fachsimpeln, ergibt sich überraschend, als wir in einem offenbar noch aktiven kleinen Bruch nur wenige Schritte vom Wanderweg entfernt mit zwei Steinbrucharbeitern ins Gespräch kommen. Anders als wir zunächst vermuten, wird dieser Bruch nicht von den Sächsischen Sandsteinwerken, sondern von einem fränkischen Familienunternehmen aus Bamberg betrieben. Die Nachfrage sei heutzutage nicht mehr allzu groß, Importe etwa aus Fernost sind bekanntlich billiger, aber bei Restaurierungen an denkmalgeschützten Bauten ist der traditionelle Stein aus der Region unabdingbar. Die Gratwanderung zwischen Landschaftsschutz und Pflege traditionellen Handwerks ist ein kontroverses Thema, das uns noch auf unserem weiteren Weg beschäftigt. Der führt uns aus dem Kratzbachtal heraus zum Dorf Wehlen und weiter über die aussichtsreiche Hochebene zum Steinbruchpfad Wehlen – Zeichen. 

Beeindruckend, was der begeisterte Sammler und Enthusiast Andreas Bartsch hier zusammengetragen hat an alten Gerätschaften und anderen Zeugen der Steinbruchgeschichte. Wir nehmen uns vor, mal eine seiner Führungen zu buchen, denn erklärungsbedürftig sind sie schon, die alten Gleise und Schienen, rostigen Maschinen und verfallenen Gebäude in ihrem maroden Charme. Ausgesprochen originell sind die aufwändig gestalteten Wegzeichen aus Sandstein mit dem immer wiederkehrenden Logo des Lehrpfads, einem stilisierten Schleifrad.

Kurz darauf werden wir von Warnschildern aufgefordert, einer Umleitung des Wanderwegs zu folgen, um nicht Gefahr zu laufen, in die Schwedenhöhle zu stürzen. Wir können es aber trotzdem nicht lassen, mal in den Abgrund zu schauen, der mit etwas Phantasie tatsächlich wie ein sagenhafter Höllenschlund wirkt, durch den man mir nichts, dir nichts in die Unterwelt stürzen könnte (Bild unten)!

Für die Dorfbewohner des frühen 18. Jh. war die große Höhle unter unseren Füßen allerdings ein Zufluchtsort, an dem sie Schutz finden konnten vor  marodierendem schwedischen Militär während des sogenannten Nordischen Krieges, in den August der Starke als König von Polen verwickelt war.  Der Zankapfel, um den sich Schweden mit Polen/Sachsen und Russland sowie Norwegen/Dänemark stritt, war eine historische Landschaft, die sich auf dem Gebiet der heutigen Länder Estland und Lettland verorten lässt und als Livland bezeichnet wurde. Letztlich ging es um die politische Vorherrschaft im Ostseeraum – für die einfachen Leute ging es ums nackte Überleben! Wie schon ihre Vorfahren im 30jährigen Krieg und später ihre Urenkel in den Napoleonischen Kriegen flohen sie in die unwegsamen zerklüfteten Felslabyrinthe, Höhlen und Schluchten, die heute als harmlose Wanderwege und –ziele Namen wie Schwedenlöcher oder Schwedenhöhle tragen. Die Furcht vor den Schweden muss besonders groß gewesen sein, auch in der Felsenburg Neurathen klagt eine in den Fels geritzte Inschrift über die schlimme Zeit des Nordischen Krieges.

Kurz bevor wir auf den Uferweg an der Elbe hinabsteigen, bietet sich von der sogenannten Wilke-Aussicht noch ein schöner Ausblick auf das malerische Städtchen Wehlen, inzwischen hat aber der böhmische Wind aufgefrischt und auch Wolken ins Elbtal getrieben, so dass der Fluss nun keinen blauen Himmel mehr spiegelt und wir nach raschem Marsch ins „Wehlstädtel“ froh sind, uns auf der Fähre in der Kabine und anschließend in der S-Bahn wieder aufwärmen zu können. Bei der Rückfahrt schweift unser Blick noch einmal auf die gegenüberliegende Elbseite mit dem Panoramaweg oberhalb der ehemaligen Steinbrüche, wo unsere abwechslungsreiche, interessante Tour heute Morgen ihren Anfang nahm.

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Über mich About me À propos de moi


Susanne Reichelt

Bei Dresden geboren und aufgewachsen und an der Leipziger Universität zum Übersetzer und Dolmetscher für die englische und französische Sprache ausgebildet, lebe ich seit 1988 in Dresden und bin seit 1995 lizenzierte Stadtführerin und Mitglied im Berufsverband Dresdner Gästeführer. Meine Begeisterung für die Stadt, ihre reichen Kunstschätze und die reizvolle Umgebung möchte ich gern an Sie weitergeben!

Ich freue mich auf Ihre Anfrage und berate Sie gern bei Ihrer Reiseplanung!
Born near Dresden and trained as an interpreter and translator for English and French I have lived in Dresden since 1988 and worked as a free-lance tour guide in and around Dresden since 1995.

I would be happy to share with you my passion for the beautiful city of Dresden, its rich art collections and stunning surroundings. Please don’t hesitate to contact me for booking guiding services or asking any support you might need in preparing your trip to Saxony.

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Née près de Dresde et formée comme traductrice-interprète pour anglais et français j’habite Dresde depuis 1988 et travaille comme guide touristique indépendante à Dresde et ses alentours depuis 1995.

C’est avec plaisir que je partagerais avec vous ma passion pour cette belle ville, ses trésors d’art magnifiques et ses environs charmants. N’hésitez pas à me contacter pour réserver des services de guidage ou pour demander toute sorte d’assistance en préparant votre voyage en Saxe.

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